Was kann ich schon viel über mein
Leben erzählen? Naja, dann will ich mich mal
kurz fassen. Geboren wurde ich am 3. Februar 1979
in einem verlassenen Krankenhaus weit weg von jeder
Art von Zivilisation, nämlich in Düsseldorf.
Es war ein kalter, verschneiter Tag, dessen trübe
Eigenschaft sich auf den Rest meines Lebens auswirken
sollte. Ich hatte keine große Wahl, immerhin
war ich nur 30 cm groß, verschrumpelt wie ein
vertrockneter Apfel und sprechen konnte ich auch nicht.
Ich tat das einzige, was ich tun konnte; ich steckte
mir eine Zigarette an und verkroch mich für einige
Zeit in den Brutkasten. Die nächsten Jahre verbrachte
ich in totaler Trostlosigkeit, was man mir nicht übel
nehmen kann, da ich immerhin meine Kindheit in den
Achtzigern verbracht hatte – das wahrscheinlich
peinlichste Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts. Ich
hatte nie große Ambitionen und mein Kindheitstraum
war es Rechtsanwalt zu werden.
In den Neunzigern hatte ich dann genug vom Trübsal
blasen und veränderte meine Lebenseinstellung.
Ich wurde aktiv und erkannte meine Verbundenheit zur
Natur. Nach exzessiver Zelebrierung der wundervollen
Schöpfungen der Welt, beschloss ich Biologe zu
werden. Doch bevor ich diesen Traum mir selbst verwirklichen
konnte, durfte ich noch viele wundervolle Erfahrungen
genießen. Als ich 1998 endlich mein Abitur in
der Tasche hatte, folgte ich den Fußspuren meines
Bruders auf die Schauspielschule nach New York. Dort
schloss ich meinen Bruder wie nie zuvor in mein Herz
ein. Doch bevor wir zurück nach Deutschland kehrten,
sollten wir noch viele weitere angenehme Erfahrungen
sammeln. Also packten wir unsere sieben Sachen und
machten uns auf den Weg ins schöne Kanada. Leider
verließ mich mein Bruder schon nach kurzer Zeit
wieder, und ich beschloss dort zu bleiben, um die
geheimnisvolle Welt der Nullen und Einsen zu erlernen.
Nachdem ich mein Studium als Computerprogrammierer
absolviert hatte, zog es mich wieder zurück ins
kultivierte Europa. Ich begann meinen zweiten Studiengang
als Bioinformatiker an der University of London. Ich
dachte, ich hätte meine Aufgabe fürs Leben
endlich gefunden, aber es juckte mich nach wie vor
etwas in den Fingern. Was war das bloß? Etwa
der Drang danach auf der Bühne zu stehen oder
vielleicht doch nur die Chemikalien und zersetzten
Insekten aus dem Labor? Ich machte mir keine weiteren
Gedanken und konzentrierte mich mit allen meinen 8
Sinnen auf das Studium. Es folgten Angebote aus Harvard
und Cambridge, meinen Doktor zu machen. Beinahe hätte
ich zugeschlagen, doch dann geschah das Unglaubliche.
Es war eine ruhige Nacht und ich war hellwach. Plötzlich
klingelte das Telefon. Ich war verwundert, denn diesen
Ton hatte ich seit geraumer Zeit nicht mehr vernehmen
dürfen. Ich hob den Hörer ab und vernahm
eine vertraute Stimme, die ich seit Jahren nicht mehr
gehört hatte.
Avi sagte: „Hallo David!?“
Ich war so glücklich, dass es mir die Tränen
in die Augen schossen und sagte: „Mein geliebter
Bruder; es erfüllt mein Herz mit Wonne und Freude,
Deine Stimme wieder zu hören.“
Avi: „Pack deine Sachen! Wir gehen nach Berlin
und schreiben eine bescheuerte Show und werden weltberühmt!“
Ich: „Was für eine grandiose Idee mein
genialer Bruder. Sofort gebe ich meine sichere Zukunft
hier im wunderbaren London auf und komme zu Dir nach
Berlin. Aber lass mich einen kleinen Vorschlag machen!
Vielleicht sollten wir statt einer bescheuerten Show
eine gute Show schreiben. “
Und jetzt bin ich wieder hier in Berlin und führe
mit meinem Bruder das wundervolle Stück „Mord
im Paniniexpress“ auf.
Und nach wie vor lebe ich nach meinem Motto: „Man
ist so alt wie man sich fühlt, und ich fühle
mich wie 80!!!“
Euer David Toubiana
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